Die Quadratur des Kreises -The Wombats, live in Berlin, Huxley’s neue Welt 07-Mai-22
Das edle Wombat ist bekanntermaßen das einzige Tier der Welt, das Würfel kackt.
„Square“ sind die gleichnamigen Indie-Lieblinge jedoch nicht und deshalb ist das Berlinkonzert heute auch ausverkauft. Zuletzt legten die Liverpooler Anfang 2019 in der nicht komplett gefüllten Columbiahalle einen Zwischenstopp ein, heute sind sie nur ein paar Kilometer weiter im Huxley‘s an der berühmt-berüchtigten Hasenheide. Drogen sind an diesem Abend aber fehl am Platz, denn das Crack der Indiekids ist ja die Musik – und die verspricht großartig zu werden.
The Wombats, seit nunmehr fast 20 Jahren aktiv, waren in der Zwangspause fleißig und haben kürzlich erst ihr Album Fix yourself, not the world auf den Markt geschmissen. Auf ihrer ausgedehnten Europatour stellen sie dem Publikum nun neben den altbewährten Hits auch die Indiekracher des in UK auf Eins gecharteten neuen Longplayers vor.
Schon bevor der Supportact sein 30minütiges Set beginnt, stehen die Zuschauer:innen schon dicht an dicht und freudiger Erwartung auf die Sause, die noch kommen wird. Die erste Reihe ist außerdem gut ausgestattet mit Fahnen, Blumen und jeder Menge gute Laune (gude LAUNE, Leude!)
Vistas eröffnen ohne musikalische Überraschungen
Die Opener sind heute Vistas aus Schottland. Das Quartett hat zwar augenscheinlich Bock, Frontmann Prentice Robinson ist auch stimmlich gut drauf und macht ein paar generische Ansagen, aber so richtig will der Funke nicht überspringen. Gesanglich erinnert es ein bisschen an Placebo, musikalisch ein bisschen an die Strokes und im Gesamtpaket klingt es einen Ticken zu gewöhnlich. Zum Tanzen und Feiern reicht es aber und die Band ist ja auch noch jung und hat noch genug Zeit um ihren ganz eigenen Stil zu finden.
Feeling old Yet?
Nun beginnt das Warten auf die flauschigen Klotz-Kacker, welche das Publikum nutzt, um sich warmzusingen und Moshpit zu üben. Songs wie Teenage Dirtbag von Wheatus und All The Small Things von Blink 182 schallen aus den Boxen und verwandeln das Huxley’s in eine ausladende Karaokebar. Ein bisschen wehmütig könnte man schon werden, denn mindestens 70% der anwesenden Gäst:innen würden die Songs unserer Jugend als Oldies einschätzen. Na, feeling old yet?
Dann ist es endlich soweit: Unter frenetischem Jubel betritt das Liverpooler Trio die Bühne und startet energetisch mit Flip me upside down. Das Publikum ist sofort “on” und wie ein ausuferndes Organ übertragen sich die Schwingungen der Masse auf den Holzboden der Halle, der nachgibt und eine Symbiose mit der tanzenden und springenden Menge eingeht. Nach This car drives all by itself ist es dann Zeit für den ersten Hit im Set, Moving to New York und ab diesen Zeitpunkt gibt es wirklich kein Halten mehr, denn auch mit Cheetah Tongue im Anschluss beweist die Band mal wieder ein Händchen für spannungsgeladene Setlists.
Auf die überdimensionalen Bandmaskottchen wartet man an diesem Abend ebenfalls nicht allzu lange, denn der Trompeten-Wombat hat seinen ersten Auftritt schon bei Ready for the high. Wer darunter steckt? Vielleicht Sven Regener von Element of Crime? Oder doch ein Backliner? Das Geheimnis seiner Identität nimmt der Wombat mit ins Backstage, wo er sich bis zur Zugabe mit seinen Kumpels die Zeit vertreibt und daher leider unter anderem den Diskoklassiker Technofan verpasst. Die Liverpooler fordern nun ihre Fans auf, ihre Lieblingsfrucht kund zu tun und fast unisono schallt es “Lemon!” gen Bühne. Aber statt des erwarteten Lemon to a knife fight stimmen the Wombats Pink Lemonade an. Was für ein Bummer. That’s a bummer, man!
This is no RomCom – oder doch?
Bei Kill the Director erreicht das Konzert seinen vorläufigen Höhepunkt, wenn es “this is no Bridget Jones” bis zum Hermannsplatz hallt, da macht es gar nichts, dass die langen Töne ein bisschen wackeln- ist ja auch kein Musical und eben auch keine RomCom! Oder doch? Denn bei People don’t change, time does werden etwas sanftere Töne angeschlagen, nur um danach bei Jump into the Fog, den wohl schönsten Wombats Song, anzuschließen, der so schön brennt in der Seele. Finallyyyy… ertönt Lemon to a knife fight und passend dazu wird die Bühne in freundlichen Neongelb und Rot beleuchtet – Zitrone und Blut!
Für Vampires and Wolves braucht man bekanntermaßen money and aeroplanes und weil beides gerade nicht zur Hand ist, übernimmt das Publikum als Ausgleich einfach den Part der Souffleuse…. Würde die Band den Text vergessen (tut sie nicht!), kein Problem! Greek Tragedy, läutet das Ende des regulären Sets ein, aber die wahre Griechische Tragödie spielt sich im Raucherreich ab, wo eine junge Frau bestürzt ihren Freund:innen erzählt, dass sie im Moshpit hingefallen ist und ihren Haarreif verloren hat. Ein bisschen Schwund ist immer.
It won’t get better than this
Die zweite der drei Zugaben ist dann der Song, auf den alle gewartet haben: Let’s Dance to Joy Division. Wie muss das nur in Liverpool gewesen sein, wo die Lokalpatrioten gleich drei Konzerte gegeben haben? Unterstützend sind jetzt gleich mehrere Wombats auf der Bühne und man munkelt, die Mannen von Vistas stecken darunter. Das moderne Pay to Play und Lehrjahre sind auch keine Herrenjahre. Die Leichtigkeit des Seins, die Ausgelassenheit und den bittersüßen Hauch von alten Zeiten- all das haben The Wombats ihren Fans heute gegeben und verabschieden sich mit Turn in die Nacht. Eine runde Sache!
Redaktion und Fotocredits: Désirée Pezzetta
Zeichnung Wombat: Amina Vasil’ev